In uno monili torquis tui (2010)
for five singers and string quartet
- Text: Bible, Nova Vulgata, Canticum Canticorum 4:8-10.16
- Language: Latin
- Instrumentation: high soprano, mezzo-soprano, alto (preferably counter-tenor), tenor, baritone and string quartet
- Movements: 2
- Duration: 12'
- Dedicated to: Walter Nussbaum, Schola Heidelberg and ensemble aisthesis
- Commissioned by: KlangForum Heidelberg
- Premiere: 25.09.2011, Heidelberg; Schola Heidelberg, ensemble aisthesis, cond. Walter Nußbaum
- Publisher: Breitkopf & Härtel (hire material)
Full Text:
Canticum Canticorum | Song of Songs |
I | I |
Veni de Libano, sponsa, | Come from Lebanon, my bride, |
veni de Libano, ingredere; | come from Lebanon, come! |
respice de capite Amana, | Descend from the top of Amana, |
de vertice Sanir et Hermon, | from the top of Senir and Hermon, |
de cubilibus leonum, | From the haunts of lions, |
de montibus pardorum. | from the leopards' mountains. |
Vulnerasti cor meum, soror mea, sponsa, | You have ravished my heart, my sister, my bride; |
vulnerasti cor meum in uno oculorum tuorum | you have ravished my heart with one glance of your eyes, |
et in uno monili torquis tui. | with one bead of your necklace. |
II | II |
Quam pulchri sunt amores tui, | How beautiful is your love, |
soror, mea sponsa; | my sister, my bride; |
meliores sunt amores tui vino. | how much more delightful is your love than wine. |
Surge, aquilo, | Arise, north wind! |
et veni, auster; | Come, south wind! |
perfla hortum meum, | blow upon my garden |
et fluant aromata illius. | that its perfumes may spread abroad. |
(Translation from http://www.vatican.va) |
Program Note:
(DE)
Mit Freude folgte ich der Einladung zum Gesualdo-Projekt und hatte verschiedene ehrgeizige Pläne, wie ich mich auf Gesualdo beziehen wollte. Am meisten faszinierte mich als Idee die kurze Erzählung "Clone" von Julio Cortázar, eine Geschichte von Eifersucht unter Mitgliedern eines Vokalensembles, die Gesualdo singen. Eine Erzählung, die formal nach Bachs Musikalischem Opfer gebildet ist. Ich hoffte, deren ausgefeilte Ordnung in Musik zurückverwandeln zu können. Eine andere Idee entwickelte die berühmten harmonischen Exzesse Gesualdos – ich komponierte verschiedene Loops, in denen die schroffste Akkordfolge Gesualdos zu einer schwindelerregenden Bewegung beschleunigt wurde. Als Drittes verbrachte ich viel Zeit mit Worten aus "Dolcissima mia vita", die ich versuchte, mit anderen Texten zu kombinieren.
Letztlich entschied ich mich dafür, einen guten Nachbarn zum Gesualdo-Madrigal zu schreiben – kontrastierend, abwandelnd. Gegenüber der reichen harmonischen Entwicklung und den Überraschungen Gesualdos steht statische Harmonik. Als Kontrast zu Petrarcas Konzeption der schmerzlichen und sorgenvollen Liebe geht es hier um Ausschnitte aus dem Lied der Liebe mit seinem Frieden, seiner Zärtlichkeit und der überraschenden Unklarheit, welcher der beiden Partner, er oder sie, wann spricht. Gesualdos Lebensgeschichte wurde ignoriert.
Die musikalische Struktur des ersten Satzes imitiert eine Entwicklung von Klang- und Lichteffekten während eines Frühlingssturmes – es beginnt mit wilden Massen von Blitz und Donner, die nach einer Weile stufenweise abnehmen, dann dominiert das Murmeln des Regens und nur von Zeit zu Zeit werden die Wolken beleuchtet durch sich entfernende Blitze. Am Ende bleiben nur leise Regentropfen, die schließlich verschwinden. Der zweite der beiden Sätze repräsentiert den Frieden und die Klarheit nach einem Sturm.
Martin Smolka